Circular Economy in der Praxis

Das vollständige Gespräch mit Karin Huber-Heim und Stefan Blachfellner über ein Projekt von und für Engagierte.

Kaufen, benutzen, entsorgen – ein Widerspruch zur Erkenntnis, dass wir in einer Welt endlicher Ressourcen leben. Das System der Kreislaufwirtschaft beschreibt ein neues, regeneratives Wirtschaftsmodell, welches den nachhaltigen zirkulären Umgang mit Ressourcen in den Mittelpunkt unseres Wirtschaftens rückt. Die Mitgestaltung eines solchen Systems haben sich die Gründer*innen des Circular Economy Forum Austria auf die Fahnen geheftet. Wir haben zwei davon zu ihrer Motivation, ihren Zielen und ihren Aktivitäten gefragt.

Im Juni 2020 habt Ihr gemeinsam mit Circular Futures, respACT und designaustria das Circular Economy Forum Austria ins Leben gerufen. Das Bertalanffy Centers for the Study of Systems Science hat dabei eine wichtige Rolle übernommen. Könnt‘ ihr uns ein bisschen erzählen, was euch dazu bewogen hat?

Huber-Heim: Die Idee zum Forum wurde bereits 2016 entwickelt, als ich Stefan dafür begeistern konnte, dass die Entwicklung regenerative Systeme wirklich wichtig ist und Unternehmen dabei Unterstützung brauchen. Dazu braucht es Forschung, Wissenstransfer, Beispiele aus der Praxis und viele andere Elemente. Wir haben daher zu Beginn eine Circular Systems Research Group innerhalb des Instituts eingerichtet und sind in Europa herumgereist, um Konferenzen und Symposien zu besuchen und uns umzusehen, wie und was andere Länder machen. In dieser Zeit konnten wir neben Wissen, auch ein großes Netzwerk aufbauen. 2020 wurde der „New Circular Economy Action Plan“ der EU veröffentlicht. In Österreich war zwar auf Policy Ebene das Team um Julika Dittrich mit Circular Futures sehr aktiv, aber es fehlte jede Unterstützung für Unternehmen, die einen wichtigen Teil der Systemveränderung bewerkstelligen müssen. Circular Economy bedeutet ja, unser jetziges Wirtschaftsmodell wirklich grundlegend anders zu denken und Produktions- und Serviceprozesse neu zu gestalten. Es war also der richtige Zeitpunkt für die Gründung des Forums gekommen.

Mit diesem Gedanken haben wir die Initiative Circle Economy Forum Austria ins Leben gerufen, die vom Bertalanffy Center im Department „Systems Practice“ gehostet wird. Die Funktion des Centers ist es, den interdisziplinären Raum für Reflektion zu bieten, die Unabhängigkeit des Forums zu sichern und gleichzeitig verbindend zu wirken. Dadurch konnte von Beginn an die Durchsetzung von Partikularinteressen verhindert werden.

Blachfellner: Es gibt aber auch eine sehr schöne historische Verbindung zwischen dem Bertalanffy Center und dem Thema Circular Economy. Ludwig von Bertalanffy hat schon in der Stanford Universität in Kalifornien, in den 50er Jahren, die Gruppe zur Forschung der allgemeine Systeme gegründet (Society for General Systems Research). Dort war Kenneth Boulding, Rappaport und andere große Namen aktiv. Diese interdisziplinäre Gruppe aus Mathematikern, Wirtschaftswissenschafter, Psychologen, Biologen, die sehr praxisorientiert waren, haben über die Frage des Verhaltens der Menschen bzw. der Verhaltensveränderung nachgedacht, was man heute System Change nennen würde. Kenneth Boulding hat das erste Paper dazu geschrieben, welches als die Grundlage der Circularen Economy bezeichnet wird. Der Titel lautete: “The Economics of the Coming Spaceship Earth” 1966.

Für die Gründung wurden also vier Partner zusammengebracht, die Wissen und Expertise haben und denen der Systemwandel wichtig ist, weil sie auch die Stimme für diesen Wandel sein wollen: Respact-austrian business council for sustainable development, das ca. 300 Unternehmen unter seinem Dach versammelt und an einer stetigen Verbreiterung interessiert ist. Circular Futures ist ein wichtiger Partner, da die Unternehmen mit ihren Anliegen in der Politik gehört werden möchten, gleichzeitig bekommt Circular Futures neue Formate, um Wissen zu vermitteln. Das Gleiche gilt für desginaustria, das sich schon seit Jahren mit dem Thema befasst, auf der europäischen Ebene gut verankert ist und zuletzt Qualitätsstandards für Circular Design erstellt hat. Das heißt, alle tragen zur Initiative bei – alle bekommen etwas für ihre Mitglieder heraus.

Das Forum wird vom Bertalanffy Center getragen und von einer Stiftung unterstützt. Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit der Stiftung?

Blachfellner: Das Bertalanffy Centers for the Study of Systems Science wurde 2004 als Verein gegründet. Die erste Aufgabe war, den Nachlass von Ludwig von Bertalanffy - ein österreichischer Biologe und Begründer der allgemeinen Systemlehre - aufzubereiten und zugänglich zu machen. Die Finanzierung läuft über eine Stiftung und wurde in drei Schritten umgesetzt. Zum einen wurde der Ankauf des Nachlasses realisiert, der zweite Schritt war eine Finanzierung, um das Institut entwickeln zu können und im dritten Schritt wurde eine 5-jährige Finanzierung für das Institut gewährt. Wobei der Stifter klare Konzepte und Erfolge erwartet, mit dem gleichzeitigen Wissen, dass es hier nicht um wirtschaftliches Handeln geht, sondern andere Werte geschaffen werden. Diese Ergebnisse werden in Jahresberichten für die Stiftung sowie für das Finanzamt dokumentiert, um die Spendenbegünstigung zu erhalten. Diese war auch eine Bedingung der Stiftung, sonst wären sie nicht eingestiegen, obwohl es keine gemeinnützige Stiftung ist. Die hohe Transparenz, die durch die Spendenbegünstigung geschaffen wird, ist für die Stifter sehr attraktiv. Wir werden jährlich von einem Wirtschaftsprüfer geprüft, dabei sind die Zweckwidmung der finanziellen Ressourcen sowie die Finanz- und operativen Prozesse ein großes Thema. Eine inhaltliche Einmischung hat es eigentlich nie gegeben. Es wurden klare Verträge vereinbart, die es der Stiftung ermöglicht haben, auszusteigen, wenn mit ihrem Geld nicht vertragskonform umgegangen wird. Die Unterstützungsgelder wurden halbjährlich, im Sinne einer Risikominimierung, ausbezahlt, dazu gab es noch einen persönlichen Berichtstermin, der eingehalten werden musste. Ein wichtiger Punkt war natürlich die persönliche Beziehungsebene für die Familie, nämlich die Dokumente von Ludwig von Bertalanffy aufzuarbeiten und sein Werk aus der Versenkung zu holen.

Aktuell benötigen wir allerdings wieder finanzielle Mittel, um unsere weiteren Vorhaben realisieren zu können.

Welche Partner*innen sucht ihr, wer ist wünschenswert?

Huber-Heim: Wir hätten gerne Stifter*innen, die sich Systemwandel, Transformation und Kreislaufwirtschaft auf die Fahnen heften. Also auch öffentlich dazu stehen, dass diese Themen wichtig sind und sie finanzielle Ressourcen bereitstellen, um diese weiterzuentwickeln. Ein stiller Financier ist immer schön, aber jemand der sich hinstellt und mit Leuten darüber redet und sagt, ich mache das, weil ich die Idee gut finde, ist ein doppelter Gewinn. Vielleicht würden auch andere Stifter*innen oder die, die es noch werden wollen, dann sagen, „ich will Teil dieses Wandels sein, meinen Beitrag leisten und dabei gesehen werden“. Ein schönes Beispiel dafür ist Charly Kleissner, der in einem Interview in der Presse meint, dem Sinn nach zitiert „es ist mir wichtig, dass meine Millionen hier zu etwas zum Besserem beitragen und nicht nur für meine Erben gut verwaltet sind".

Blachfellner: Was mir wichtig wäre für die Zukunft ist, nicht nur von der Finanzierung einer einzigen Stiftung abhängig zu sein. Man möchte bei der Entwicklung doch weiterdenken, also über die zugesagten Finanzierungsfristen hinaus. Zumeist sind das ein oder drei Jahre, wir hatten das Glück fünf Jahre planen zu können. Es wäre fast so, als hätte ein Unternehmen nur einen großen Kunden. Bei nur einer Finanzierungsquelle ist das Risiko für das Vorhaben doch relativ hoch.

Unterscheidet sich die konkrete Arbeit im Verhältnis zu anderen Plattform, wie drückt sich das systemische Denken in der Herangehensweise aus?

Blachfellner: Also wir arbeiten schon sehr bewusst strategisch und versuchen neue Beziehungsmuster zu entwickeln, die zu einem neuen Verhalten führen. Systeme ändern sich ja durch ihre Umwelt. Aus diesem Grund war es ganz entscheidend, dass die EU-Rahmenbedingungen neu geordnet wurden. Im System kommt es dadurch zur Selbstorganisation, um sich anzupassen. Ich bin deshalb so dankbar, dass die Vorgaben der Kommission so deutlich ausgefallen sind.

Huber-Heim: Ich glaube der wesentliche Unterschied ist, dass wir in Eco-Systemen denken – also ständig neue Elemente in Beziehung setzen, neue ungewöhnliche Kombinationen überlegen, die der Transformation dienlich sein können. Die Entwicklung eines Systems bedeutet den Versuch, alle einzelnen Elemente, die schon da sind oder sich in den nächsten Jahren entwickeln werden, in Beziehung zu setzen und in Austausch zu bringen, den Gesamtorganismus wachsen zu lassen. Das kann natürlich nicht nur unsere Arbeit sein, da müssen alle Teilnehmer*innen im Forum, alle Mitglieder, Expert*innen, unsere Advisors, jedes Unternehmen einen Beitrag leisten. Wir sind nicht diejenigen, die die Kreislaufwirtschaft für andere machen, denn das geht nur, wenn möglichst viele zusammenarbeiten.

Wird die Arbeit in 10 Jahren erledigt sein und das Forum sich selbst überholt haben?

Huber-Heim: Also Forschung wird es immer brauchen, aber vielleicht braucht es diese Initiative nicht mehr. Was ich gerne sehen würde ist, dass der visualisierte Indikator „Anteil der Sekundärrohstoffe" im Verhältnis zu den Primärrohstoffen im Circular Gap Report in den nächsten 10 Jahren immer breiter wird. 2019 ist dieser Rückfluss an Ressourcen bei ca. 9 % mit einer dünnen Linie dargestellt. Ich würde mir wünschen, dass dieser Fluss 2030 zumindest 30% ausmacht. Laut Circular Gap Report sind in Österreich bis 2030 37% möglich.

2015 gab es den ersten Circular Economy Action Plan der EU, 2020 wurde der Circular Economy Action Plan als Hauptbestandteil des Green Deals veröffentlicht, was hat sich bei eurer Arbeit dadurch verändert?

Blachfellner: Die Geschwindigkeit hat sich wahnsinnige erhöht durch diese neuen Rahmenbedingungen, und das drückt sich natürlich durch die Nachfrage aus. Was allerdings verblüffend ist, und das ist meine persönliche Meinung, dass in Österreich im allgemeinen öffentlichen Diskurs keine positive Konnotation zum Green Deal hergestellt wird. Eigentlich ist dieser Green Deal ein Wunderwerk. Ich habe noch nie ein politisches Papier gesehen, das so klar, so konsistent und so deutlich einen Weg aufzeigt und die Rahmenbedingungen schafft, um diesen Weg zu gehen.

Huber-Heim: Und dabei ein positives Zukunftsbild schafft, das finde ich so beeindruckend. Als ich 2015 erstmals die Sustainable Development Goals gelesen habe, konnte ich eine Zukunftsvision sehen – und nun gibt es den europäischen Green Deal, der auf den SDGs begründet und die strategische Umsetzung der Ziele für Europa darstellt. Hätten mehr Menschen sich mit den globalen Zielen vertraut gemacht, auf die sich 193 Staaten geeinigt haben, wäre jetzt die Verwunderung nicht so groß. Glücklicherweise wurde der Green Deal auf Europäischer Ebene formuliert und nicht in den Mitgliedsstaaten und anschließend aggregiert. Das Vorhaben wird jetzt in Richtlinien und Gesetze gegossen - das merken auch die Unternehmen und es wird sie veranlassen sich zu verändern. Nur in der Gesellschaft ist davon noch nicht viel wahrgenommen worden, eine positive politische Kommunikation und der öffentliche Diskurs fehlen dazu in Österreich. Eine unserer ersten Aufgaben ist es daher, jetzt in einer Form zu informieren, dass dieser Veränderungsprozess als Chance wahrgenommen wird und nicht als Bedrohung. Verwunderlich ist es schon, dass sich die Politik so schwertut, diese positive Zukunft zu kommunizieren. Stattdessen wird, mit wenigen Ausnahmen, immer noch mit Bildern der Angst, Katastrophe und Bedrohung gearbeitet, statt mit einem guten Bild der Zukunft.

Welche Aktivitäten habt ihr zuletzt gesetzt und welche Aktivitäten war aus eurer Sicht besonders erfolgreich, um genau diese Ziele zu erreichen, das Vernetzen und Anders denken.

Huber-Heim: Zu Beginn haben wir strategisch überlegt, welche Formate es sein können, die neue Beziehungsmuster und verändertes Verhalten etablieren. Im Rahmen einer interdisziplinären Arbeitsgruppe im Rahmen des österreichischen Global Compact Netzwerkes konnten wir feststellen, dass der Begriff Kreislaufwirtschaft sehr unterschiedlich verstanden wird. In Österreich heißt das Narrativ „Kreislaufwirtschaft ist Recycling". Ein Narrativ, dass auf Basis eines finanziell und materiell unheimlich mächtigen Wirtschaftszweiges geschaffen worden ist und dass wir um die vielen Möglichkeiten erweitern wollen, die einer modernen Kreislaufwirtschaft im Sinne der EU innewohnen.

Es war für uns klar, dass hier eine Änderung des Erzählung von Kreislaufwirtschaft notwendig ist. Um herauszufinden, was darunter verstanden wird und welche Bedürfnisse in diesem Zusammenhang existieren, wurde eine Erhebung durchgeführt. Im Ergebnis wissen wir jetzt z.B., dass bei Unternehmen Bedarf an strategischem wie auch operationalen Wissen und Know-How besteht, wie auch ein Bedürfnis nach Austausch und bestehenden erfolgreichen Beispielen. Wir organisieren laufend Webinare, Experten-Roundtables und Cross-Industry-Dialoge. Wir machen Workshops und sprechen auf Veranstaltungen. Zusätzlich wurden von uns neue Formate für Ausbildungsprogramme entwickelt. Wir erarbeiten Curricula für Unternehmen sowie für Fachhochschulen, die aus unserer Sicht eine gute Brücke in die Praxis darstellen.

Gleichzeitig werden Best Practice Reisen gemeinsam mit der Außenwirtschaft der Wirtschaftskammer durchgeführt. Wir fahren dazu in europäische Hotspots, um uns vor Ort mit Unternehmer*innen, Verbänden, Wissenschaft und Politik auszutauschen. Die teilnehmenden Unternehmer*innen informieren sich dabei aus erster Hand und können sich mit Interessierten national und international vernetzen. Jede Reise ist einem bestimmten Thema oder Sektor gewidmet: Die nächste Reise geht nach Brüssel und stellt „Circular Building and Construction“ (Bauarchitektur) in den Mittelpunkt. Weitere Reisen führen 2022 in die Lombardei. Italien ist eines der Vorzeigeländer hinsichtlich Kreislaufwirtschaft – dort besuchen wir traditionelle Familienbetriebe, die dem Industriesektor (Textil, Kunststoff u.a.) angehören. Diese Unternehmen haben durch den Einsatz von Technologie neue Prozesse und Formen für ihre Produktionen entwickelt und können so wieder eine Leader Position am Markt einnehmen. Amsterdam und Glasgow stehen ebenfalls 2022 am Programm.

Uns interessiert dabei immer die Frage, wie agiert das jeweilige Land, wer sind die Treiber, wie werden die Rahmen gesetzt, wer ist zuständig und wie kommt die Information zu den Unternehmen. Es ist wirklich in jedem Land anders. In den Niederlanden wurde die Strategie „Circular Netherlands“ beschlossen, da das Land vom Klimawandel durch den Anstieg des Meeresspiegels besonders betroffen ist. Das innovative Schließen von Kreisläufen ist ein wichtiges Ressourcenschonungsmodell und wird jetzt auf Städte, Regionen ebenso wie von Unternehmen angewendet.

Unsere Cross Industry Dialoge stellen den Startschuss für neue und ungewöhnliche Allianzen dar und können so zu Challenge Labs führen. Hier können Unternehmen ihre Fragen z.B. Materialrückführung, neue Geschäftsmodelle, Digitalisierung für Kreisläufe, einbringen und gemeinsam mit interdisziplinären Experten daran gearbeitet werden. Dabei werden sehr unterschiedlich denkende Komponenten im System zusammengebracht, die einander noch gar nicht erkennen. Es wird auch viel experimentiert, nur so kann sich auch etwas wirklich Neues bilden.

Wie würdet Ihr die größten Herausforderungen beschreiben und wo seid ihr schon mal gescheitert, um diesen Weg zu gehen.

Huber-Heim: Wir scheitern täglich am Volumen dessen, was zu tun wäre und was wir tun könnten. Wir sollten viel mehr sein, es funktioniert nicht im Kleinen, es geht nur im Großen. Unsere größte Herausforderung ist die Zeit- und Ressourcenknappheit.

Wie geht Ihr dann mit dieser Situation um?

Huber-Heim: Wir arbeiten überwiegend pro bono neben unseren unterschiedlichen Herkunftsjobs, um dieses neue System der Kreislaufwirtschaft auf den Weg zu bringen. Derzeit stellt jede*r Zeitkontingente zur Verfügung, die uns das Arbeiten ermöglichen. Der positive Nebeneffekt ist, dass wir dadurch die Unabhängigkeit des Forums sichern.

Gibt es noch andere Herausforderungen?

Blachfellner: Wir haben das Glück, gefunden und angesprochen zu werden. Das hätte ich vorher nicht so eingeschätzt, wir müssen keinen Markt schaffen, es gibt eine große Bereitschaft für das Thema. Die Herausforderungen liegen aber in den Rahmenbedingungen, denen Unternehmen unterworfen sind. Wir möchten ja nicht ein Unternehmen oder ein Geschäftsmodell ändern, sondern ein System. Ein Beispiel, die Finanzierung des Cross Industrie Dialoges wäre ein leichtes, wenn mehrere Unternehmen mit ähnlichen Themen – im Sinne von Shared Economy - in einen Topf einzahlen und dieses Format realisieren. Jetzt ist es aber so, dass jeder ausgegebene Euro einem Return of Investment gegenübersteht, und der ist für solche themenoffenen Projekte in Unternehmen nicht leicht darstellbar. Das heißt, sie dürfen dafür, auf Grund der inneren Rahmenbedingungen, kein Geld ausgeben. Die aktuellen Finanzmanagement-Instrumente sind im Moment nicht darauf vorbereitet, ergebnisoffene, kollaborative Arbeit zu erlauben. Das gleiche gilt für die Entwicklung gemeinsamer Wertschöpfungskreisläufe bis hin zu neuen Geschäftsmodellen, die sich im klassischen Businessplan bei der Bank kaum argumentieren lassen. Hier fehlt leider oft die Anschlussfähigkeit des Finanzsektors.

Auf der Website sind 1.748 Unternehmen und 42 Partner*innen genannt, die im Forum mitmachen, wer sind die und wie funktioniert das Vernetzten von so Vielen?

Huber-Heim: Hier sind die Unternehmen und Institutionen (auch NPOs) unserer Netzwerke gezählt. Wir sind eine Netzwerk-Initiative, die durch ihr Design in Europa auf großes Interesse stößt. Die Kommunikation und die Einbindung erfolgen über die teilnehmenden Plattformen. Wir sind sehr stolz darauf, diese Partner*innen zusammengebracht zu haben, es ging auch nicht von heute auf morgen, sondern hatte ein Jahr Dialog bedurft. Das bedeutet auch, dass wir immer wieder daran weiterarbeiten müssen.

Der Schwerpunkt unserer Arbeit liegt in Österreich, allerdings agieren wir natürlich auch international, da sich Wertschöpfungskreisläufe nur in größeren Rahmen realisieren lassen. Wichtig ist uns dabei, Österreich in diesen internationalen Netzwerken zu positionieren, daher nehmen wir z.B. auch an der Global Circular Week mit Events teil. Wir wollen, dass österreichische Unternehmen mit ihren Aktivitäten auch international gesehen werden.

In welcher Form kann man bei euch mitmachen und beteiligen?

Blachfellner: Man kann Förderpartner des Circular Economy Forum werden. Die definieren sich dadurch, dass sie das Wagnis eingehen, in ein solches Shared-Modell einzusteigen. Dabei können zusätzlich zu einem finanziellen Sockelbetrag auch intellectual, social, structural Capital oder auch Inkind-Leistungen eingebracht werden. Ihr Vorteil ist ein intensiverer Austausch und ein schnellerer Zugang zu aktuellem Wissen. Weiters gibt es Wissens- und Kompetenzpartner, das können Personen, Einzelunternehmen, KMUs aber auch große Organisationen sein.

Die niederschwelligste Form der Beteiligung passiert zumeist durch die Teilnahme an einem unserer Angebote. So können Personen an einem CEO-Talk oder Veranstaltungen der Circular Academy teilnehmen, eine Circular Innovation Journey buchen etc.

Einzelpersonen aber auch Initiativen, die ein großes Wissen und Enthusiasmus zum Thema mitbringen, können auch als Advisors bei uns mitmachen. Zu Beginn wird geklärt, was eingebracht wird bzw. welche Rolle übernommen werden kann.

Projekte werden unter anderem auch auf Grund von Anfragen entwickelt, die Partner oder aber auch regionale Standortagenturen an uns stellen. Wir klären dabei in unserem Netzwerk ab, wer auf Grund des Wissens oder anderer Eigenschaften zum Projekt passt. Viele Anfragen kommen auch über EU-Horizont oder FFG-Projekte zu uns. Was uns freut, ist, dass auch Institutionen wie die Wirtschaftskammer, Anfragen zu Projektideen an uns weiterleitet, da wir für unser Netzwerk und unsere Kompetenz im Feld der Kreislaufwirtschaft bekannt sind.

Ihr seid im Rahmen der Zukunftsworkshops und damit auch für den Verband gemeinnützig Stiften Botschafter*innen der Kreislaufwirtschaft. Als Vorzeigebeispiel habt ihr das Startup blün eingebracht. Warum?

Huber-Heim: blün züchten in einer Aquaponik-Anlage ressourcenschonend und nachhaltig Welse und produziert mit dem Fisch-Abwasser Fruchtgemüse. Sie haben von Beginn an regenerative Kreisläufe für ihre Lebensmittelproduktion überlegt und realisiert und auch die Lieferung von Fisch und Gemüse erfolgt klimaneutral durch die österreichische Post. Das Kreislaufs-Geschäftsmodell von Blün bietet eine Alternative zur Massenproduktion von Lebensmitteln und sorgt für einen nachhaltigen, lokalisierten Anbau – einen “Farm to Fork”-Konsum schon lange bevor die EU-Kommission mit dem Green Deal diese Richtung vorgab. Das Unternehmen hat ein erfolgreiches Geschäftsmodell basierend auf geschlossenen Kreisläufen entwickelt. Daher ist diese Pionierleistung aus unserer Sicht ein schönes Vorzeigeprojekt.