Inspiration & Philantropie

Biodiversität – Einblicke in komplexe Systeme

Ein Gespräch mit Professorin Sonia Kleindorfer. Sie ist Botschafterin und Themen-Patin des Projektes „Stiftungen als Akteure für Umwelt- und Klimaschutz“.

Wie wichtig eine emotionale Bindung zur Natur ist, woher wir zukunftsfähiges Denken lernen und warum der Erhalt der Artenvielfalt nur gemeinsam gelingen kann, erzählt die begeisterte und renommierte Verhaltensbiologin Sonia Kleindorfer im Gespräch mit Ursula Seethaler.

Ursula Seethaler (US): Frau Professor Kleindorfer, Sie sind die Leiterin der Konrad Lorenz Forschungsstelle für Verhaltens- und Kognitionsbiologie und Botschafterin sowie Themen-Patin des Projektes „Stiftungen als Akteure für Umwelt- und Klimaschutz“, es freut mich, dass Sie sich für unser Gespräch Zeit genommen haben.

Seit November 2018 leiten Sie die Konrad Lorenz Forschungsstelle, wie ist es dazu gekommen?

Ich bin von der Verhaltensbiologie fasziniert. Das ist meine primäre Expertise, daher habe ich dafür nach einer Doktorstelle gesucht. Österreich ist das Zentrum der Verhaltensbiologie aufgrund des Nobelpreises für Konrad Lorenz, Karl von Frisch und Nikolaas Tinbergen. Anschließend habe ich jahrelang in Ecuador im Regenwald, Fidji Inseln, Papua-Neuguinea und Australien gearbeitet. Wenn man aber immer Pionierin ist, hat man wenige Gesprächspartner*innen und ich wollte daher die letzten zehn Jahre meiner Karriere wieder zurück zum Epizentrum der Verhaltensforschung, um das gemeinsam gesammelte Wissen zu konsolidieren.

US: Welche Rollen hat die Universität und die Cumberland Stiftung in der Konrad Lorenz Forschungsstelle (KLF)?

Die Universität bietet die Arbeitsplätze und die Infrastruktur an. Die Forschung und die Umsetzung der Projekte ist Aufgabe der Akademiker*innen, die dafür Partner*innen und Drittmittel finden müssen. Einen weiteren Betrag zum KLF leistet das Land Oberösterreich sowie private Mittel.

Wir bekommen keine Gelder von der Stiftung. Sie stellen uns das Land zur Verfügung - also den Cumberland Wildpark und unterstützen uns bei der Arbeit. Es ist also eine Partnerschaft. Unsere Gänse können im Cumberland Wildpark frei herumfliegen und wir können Bruthütten aufstellen.

US: Was ist das Besondere an einer Stiftung?

Ich glaube, es ist wichtig für eine Stiftung, dass Menschen das Gefühl haben, teilzuhaben. Es ist unsere Natur und unsere Welt. Und wenn man dann selber spendet, dann hat man auch eine Anteilnahme, man nimmt teil an dieser Lösungssuche. Dieses Stiftungsengagement geht Hand in Hand mit einer bürger-wissenschaftlichen Initiative. Wir bieten sehr viele Programme für Bürger-Wissenschaftler*innen, also für Volontär*innen an, die Daten sammeln möchten.

US: Wie können sich Mäzene, Philantrop*innen oder Stiftungen bei euch noch engagieren?
Wir sind letztes Jahr in ein neues Gebäude übersiedelt, weil wir für unsere Forschung eine neue Infrastruktur gebraucht haben. Das alte Gebäude ist aber ein Teil der kulturellen Identität von Österreich. Aus diesem Grund würden wir es sehr gerne renovieren, dazu benötigen wir ungefähr eine Million Euro.

Wir haben die Vision, ein modernes Outreach Center (Mehrzweckzentrum) einzurichten, wo Student*innen, Gruppen, Volontär*innen und Bürger*innen bei der Datenerhebung und Auswertung mitmachen können. Dabei würden wir gerne neue pädagogische Ansätze testen, um zukunftsfähiges Denken besser zu verstehen. Es könnte also geforscht und gelernt werden, dafür gibt es keine Gelder aus traditionellen Finanztöpfen. Hier bräuchten wir zusätzliche Mittel aus verschiedenen Quellen. Stiftungen und Bürgerbeteiligung könnten da einen großen Beitrag leisten.

US: Ein sehr inspirierendes Projekt. Wird hier auch das alljährliche Biologicum eingebunden?

Ja, das Thema „Zukunftsfähiges Denken“ ist auch unser Biologicum-Motto für die nächsten fünf Jahre. Wir wollen verschiedene Aspekte beleuchten, dazu laden wir Expert*innen ein und veranstalten Science Cafés für die allgemeine Bevölkerung, wo wir versuchen, sie zu involvieren. Es kann sich jeder beim Biologicum 2022 anmelden und teilnehmen.

US: Sie sind in vielen Projekten engagiert, haben Sie da auch mit anderen Stiftungen zusammengearbeitet?

In Australien gab es ein wichtiges Projekt, die Idee war noch nicht reif für ein Forschungsprojekt. Es ging um die Frage, ob die Größe des Naturparks mit dem Parasiten und Virenbefall der Tiere zu tun hat. Dieses Projekt hat eine Stiftung finanziert. Stiftungen und Mäzene haben oft die Möglichkeit, Projekte in einer Phase zu finanzieren, in der sie noch nicht so ausgereift sind, um große Forschungsanträge zu schreiben. Man weiß, dass das Projekt Früchte trägt, aber noch nicht genau welche.

US: Sie betreuen auch ein Projekt auf den Galapagos Inseln?

Auf den Galapagos Inseln werden die Ratten ausgerottet und über die nächsten Jahre die lokal ausgestorbenen Arten wieder eingeführt. Auch dieses Projekt wird von Stiftungen finanziert, nämlich von der Island Conservation und re:wild von Leonardo DiCaprio. Es ist klassische Stiftungsarbeit, man weiß nicht, was passieren wird, wenn man lokal ausgestorbene Arten wieder freilässt. Man kann Hypothesen aufstellen, in einem Forschungsprojekt wäre das nicht abbildbar.

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